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Herr Auinger, bei uns geht es heute um das unterschätzte Thema Maverick Buying. Zu Beginn: Wie kann die Zusammenarbeit zwischen der Einkaufsabteilung und den Fachabteilungen verbessert werden, um Maverick Buying effektiv zu verhindern?
Lassen Sie mich für alldiejenigen, die mit dem Begriff „Maverick Buying“ nicht jeden Tag arbeiten, kurz erklären, worum es hierbei geht. Die Bezeichnung „Maverick“ kommt ursprünglich aus dem wilden Westen. Namenspatron ist der texanische Rinderzüchter Samuel A. Maverick (1803 – 1870). Im Gegensatz zu den übrigen Züchtern seiner Zeit brandmarkte er seine Rinder nicht. Kälber ohne Brandzeichen werden seither auf Englisch „mavericks“ genannt. Im heutigen Sprachgebrauch hat sich der Begriff „Maverick“ auch für Außenseiter, Rebellen und Non-Konformisten fest etabliert. „Maverick Buying“ beschreibt also einen Beschaffungsprozess ohne Einbeziehung des Einkaufs, den Fachabteilungen aus unterschiedlichsten Gründen selbst in die Hand nehmen, obwohl er eigentlich von bzw. gemeinsam mit der Einkaufsabteilung durchgeführt werden sollte.
Wie kann also die Zusammenarbeit zwischen Fachabteilung und Einkauf verbessert werden? Zunächst einmal geht es darum gemeinsam mit den Fachabteilungen (und der Geschäftsführung) zu erarbeiten, welche nachteiligen Folgen „Maverick Buying“ für das Unternehmen haben kann. Ist dieses Bewusstsein einmal vorhanden, können wir uns darum kümmern, Maverick Buying zu verhindern oder zumindest auf ein „notwendiges Minimum“ zu reduzieren.
Eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der Einkaufsabteilung und den Fachabteilungen erreichen Sie typischerweise dadurch, dass klare Kommunikationswege und Verantwortlichkeiten etabliert werden.
Regelmäßige Treffen auf strategischer und operativer Ebene ermöglichen den offenen Austausch von Informationen und Bedürfnissen. Ein gemeinsames Verständnis der Unternehmensziele und der daran orientierten Beschaffungsstrategie fördert die Zusammenarbeit und hilft den Fachabteilungen, den Einkauf in ihre Entscheidungen zu integrieren.
Last but not least schafft es der Einkauf durch positive Erlebnisse (z. B. erfolgreiche Verhandlungen mit externen Dienstleistern, Lösung eines Terminproblems durch Aufzeigen von Alternativen) beim Bedarfsträger aus der Fachabteilung Akzeptanz zu erzeugen und wird anschließend in der Regel gerne frühzeitig eingebunden.
Kontaktinformationen:
Konrad Auinger | Senior Procurement- and SCM Executive
LinkedIn Profil von Konrad Auinger
Welche Rolle spielt Transparenz bei den Kosten und Prozessen des Einkaufs, um Maverick Buying zu reduzieren und das Vertrauen zwischen den Abteilungen zu stärken?
Transparenz über die Einkaufsprozesse und Kosten sind DIE entscheidenden Faktoren, die Vertrauen zwischen den Beteiligten ermöglichen.
Der Einkauf sollte alle beteiligten Fachabteilungen über die im Unternehmen gültigen Einkaufsprozesse informieren. Inhaltlich geht es bitte nicht nur um das Pflichtprogramm, d. h. am Ende muss eine Bestellung erzeugt werden, die idealerweise vor der Lieferantenrechnung im System vorliegt, sondern auch um die Kür, d. h. den Vorteil, den der Bedarfsträger aus der Zusammenarbeit mit dem Einkauf hat (z. B. Preisreduzierungen, Budgetunterschreitung, Wettbewerb, Zeitvorteil).
Klare, pro-aktive Informationen über Preise, Lieferantenverträge und Budgets helfen dabei, Missverständnisse zu vermeiden und bessere Entscheidungen zu treffen. Die Fachabteilungen können die Kosteneffizienz und den Wertbeitrag des Einkaufs erkennen, weil durch Offenheit und Transparenz Vertrauen entsteht.
Wie können Anreizsysteme oder Belohnungen für Mitarbeiter dazu beitragen, Maverick Buying zu verhindern? Können Sie uns 3 erfolgreichen Ansätze in diesem Bereich nennen?
Direkte Belohnungen für Mitarbeiter sehe ich jedoch in Anbetracht von Compliance-Regeln grundsätzlich eher kritisch.
Folgende drei Anreizsysteme können jedoch dazu beitragen, Maverick Buying zu verhindern bzw. nachhaltig zu reduzieren:
1. Schulung und Bewusstseinsbildung
Mitarbeiter werden über die Auswirkungen von Maverick Buying durch Schulungen und Workshops informiert. Die Vermittlung von Alternativen und Best Practices sowie das Wissen um die Kosten und Risiken, die damit einhergehen, können dazu beitragen, dass Mitarbeiter verantwortungsbewusst handeln. Hier ist Praxisnähe in den Schulungen erfolgsbestimmend. In Fachabteilungen, bei denen Sie trotz Schulung keine akzeptable „Order Quote“ erreichen, können Sie beispielsweise durch das bewusste Eskalieren von Einzelfällen, z. B. der Lieferant erhält ohne Bestellung keine Bezahlung oder der Mitarbeiter zahlt die bestellte Ware / Dienstleistung aus der eigenen Tasche, Bewusstsein erzeugen. Diese Maßnahmen müssen jedoch im Vorfeld mit den Verantwortlichen aus den Fachbereichen (z. B. Legal/Compliance, C-Level) ganzheitlich bewertet und abgestimmt werden und dann verbindlich umgesetzt werden.
2. Best-Practice-Sharing
Die Einführung eines internen Best-Practice-Sharing-Programms, bei dem Mitarbeiter ihre erfolgreichen Ansätze zur Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung im Einkauf teilen. So könnten die Mitarbeiter im Rahmen von Informationsveranstaltungen des Managements, im Intranet oder anderen Kommunikationsplattformen diese Erfolge darstellen (öffentliche Anerkennung). Durch die Vorstellung und Anerkennung dieser Beiträge werden andere Mitarbeiter ermutigt, bewährte Methoden ihrer Kollegen zu nutzen und von deren Erfahrungen zu lernen. Das Lernen von Gleichgestellten bzw. Gleichgesinnten fällt in der Regel leichter, als das schlichte Befolgen von Direktiven „von oben“.
3. Regelmäßige Feedback-Runden und KPIs
Implementierung eines regelmäßigen Feedback-Mechanismus, bei dem Mitarbeiter – insbesondere Bedarfsträger aus den Fachabteilungen - ihre Bedenken, Herausforderungen oder Verbesserungsvorschläge im Zusammenhang mit dem Einkaufsprozess äußern können. Ergänzend dazu sind KPIs wertvoll, um eine objektive Dimension einzubringen. So hatten wir beispielsweise in der Vergangenheit eine sogenannte „SAP-Order Quote“ als KPI eingeführt und für jede Fachabteilung monatlich gemessen. Diese Quote misst den Anteil der Vorgänge, die über das ERP-System (hier: SAP) gelaufen sind und vergleicht diese mit der Gesamtzahl der Vorgänge (mit und ohne Bestellungen).
Durch eine offene, transparente und konstruktive Kommunikation werden Mitarbeiter ermutigt, potenzielle Probleme frühzeitig anzusprechen, die KPIs zu verbessern und gemeinsam Lösungen zu finden anstatt „mit den Füßen abzustimmen“ bzw. so selbst zum „Maverick“ zu werden.
Wie können technologische Lösungen wie digitale Plattformen Unternehmen dabei unterstützen, Maverick Buying zu erkennen und zu verhindern?
Technologische Lösungen wie digitale Plattformen können Unternehmen dabei unterstützen, Maverick Buying zu erkennen und zu verhindern. Durch die Implementierung von Einkaufssoftware mit integrierten Genehmigungsworkflows und Budgetkontrollen können Einkaufsprozesse automatisiert und standardisiert werden. Echtzeit-Daten und Analysetools ermöglichen es, Abweichungen und Maverick Buying frühzeitig zu identifizieren. Die Digitalisierung fördert zudem die Transparenz und verbessert die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen.
Neben der technologischen Perspektive darf jedoch der einzelne Mitarbeiter nicht vergessen werden, denn am Ende wird dort über Erfolg oder Misserfolg des Tool-Einsatzes entschieden. Konkret bedeutet dass, den Mitarbeitern durch eine einfache und intuitive Softwarelösung ein „Shopping-Erlebnis wie bei Amazon“ zu ermöglichen und im Hintergrund die Einhaltung der Einkaufs- und Compliance-Regeln sicherzustellen.
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Kann man den nachweislichen ROI (Return on Investment) von Maverick Buying messen?
Das ist eine schwierige Frage und hängt viel von der Unternehmenspolitik und insbesondere vom jeweiligen CFO ab. Ich bin davon überzeugt, dass ein ROI von Maverick Buying bzw. dessen Reduktion auf ein angemessenes Minimum gemessen werden kann.
Beispielsweise indem die Kosten und Auswirkungen von Maverick Buying-Vorfällen analysiert werden. Durch den Vergleich der tatsächlichen Ausgaben mit den geplanten (budgetieren) oder verhandelten Kosten können Einsparungen oder Mehrkosten (Verluste) ermittelt werden. Weitere Faktoren wie zusätzlicher Arbeitsaufwand, Risiken, Qualitätseinbußen oder rechtliche Konsequenzen sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Eine umfassende Analyse ermöglicht es, den tatsächlichen finanziellen und operativen (ergebniswirksam im Sinne der GuV) Einfluss von Maverick Buying zu quantifizieren und so den ROI zu messen.
Danke für die interessanten Einblicke. Möchten Sie abschließend noch etwas zu dem Thema sagen?
Lassen Sie mich abschließend noch einen Gedanken teilen: Mit dem Begriff „Maverick Buying“ stellen wir die „schwarzen Schafe“ bzw. die „Rinder ohne Brandmarken“ an den Pranger und damit „die Verfehlung“ in den Vordergrund.
Viel besser ist es meiner Meinung nach, das Thema „correct buying“ zu benennen und die „das Gewünschte“ bzw. die „Guten“ in den Vordergrund zu stellen, die gemeinsam mit dem Einkauf dafür sorgen, dass die Unternehmen sehr verantwortungsvoll mit dem Geld umgehen.
Der entsprechende KPI würde dann „correct buying“ Quote heißen und den Anteil der prozesskonformen Einkaufsvorgängen an der Gesamtzahl der Einkaufsvorgänge darstellen. Zielwerte lägen dann – abhängig von der Branche bzw. dem Reifegrad des Unternehmen- erfahrungsgemäß zwischen 90% und 95%.
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