Blog May 10th, 2023 Digitalisierung im Mittelstand: Kein Zukunftsprojekt, sondern Teil der Gegenwart
Thomas Teichmann
Thomas Teichmann

Wer nicht digitalisiert, verliert. Na und? Dieser hämische Nachsatz scheint zumindest im Mittelstand noch weit verbreitet. Es mutet zumindest seltsam an, wenn seit gut 20 Jahren das dringende Gebot der Digitalisierung gepredigt wird, aber vielerorts bis heute auf taube Ohren stößt. Dabei geht es längst um bedeutend mehr als nur die Verlagerung der Ressourcen in strategische Einkaufsbereiche: Es geht um die Zukunft des Mittelstands.

Mich überrascht immer wieder, dass sogar große Mittelständler mit der Einkaufsdigitalisierung noch nicht richtig begonnen haben“, erzählt Vollblut-Einkäufer Jan-Henner Theißen. An Bord der Benteler Group und der AGCO Corporation hat er Einkaufs- und Transformationsprojekte globaler Beschaffungsorganisationen begleitet und nutzt diese Erfahrungen heute als Einkaufsberater bei TargetP.


Neue Herausforderungen als zusätzlicher Trigger

An fehlenden Lösungen liege es jedenfalls nicht, ergänzt Harald Allerstorfer, CCO des österreichischen Business-Digitalisierers DIG GmbH: „Wir bieten seit über 20 Jahren hochflexible Lösungen in den Bereichen E-Procurement und automatisierte Belegverarbeitung.“

Schon die administrative Aufgabenflut von Lieferkettensorgfaltspflicht und EU-Taxonomie bedingen Digitalisierung – ein willkommener Trigger für den Auf- oder Ausbau digitaler Beschaffungsprozesse. „Die technischen Lösungen, um etwa für die Administration des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) effiziente, weitgehend automatisierte Abläufe einzuführen, sind vorhanden und können über Schnittstellen ins E-Procurement integriert werden“, betont Allerstorfer. Lösungen von Anbietern wie Curecomp, Prewave, Integrity Next oder Sphera (ehemalig Riskmethods) böten eine hinreichende Auswahl. Für Theißen ist das aber nur ein Teilaspekt: „Die Notwendigkeit zur Veränderung ergibt sich nicht aus LkSG und Co, sondern aus dem großen Ganzen! Das disruptive, globale Umfeld bedingt, dass wir uns im Einkauf auf Wertbeiträge abseits der üblichen Kostensenkung konzentrieren müssen!“ Gemeint seien damit ideelle Werte wie der Schutz von Menschen und Umwelt. „All das sind selbstverständliche Kundenerwartungen in B2B wie B2C.“


Neupositionierung des Einkaufs

Unternehmen wie Volkswagen und DMG Mori kündigten bereits an, bald nur noch mit entsprechend ethisch positionierten Geschäftspartnern zu arbeiten. Daher ist es notwendig, im Einkauf als Gestalter integrer Lieferketten und mehrstufiger Liefernetzwerke Verantwortung zu übernehmen. „Der Einkauf hat die fundamentale Aufgabe, das eigene Unternehmen im Spiel zu halten“, betont Theißen. Gefragt seien dazu völlig neue Kompetenzen z. B. in den Bereichen Data Science, Enterprise Social Governance, Risikomanagement oder auch Social Procurement. Dementsprechend gehöre der Umgang mit Plattformen wie LinkedIn zu den Grundlagen der neuen Generation von EinkäuferInnen. „Das Ausbildungsangebot hinkt da noch hinterher“, stellt Theißen fest. Zwar böten Verbände Kurse, es fehle aber an strukturiertem Kompetenzaufbau. „Prof. Dr. Florian Kleemann von der Hochschule München ist da mit seinem Masterstudiengang Digital Sustainable Procurement and Supply Management ein Vorreiter.“

Trotz vieler Leuchtturmprojekte sieht Theißen KMUs für die gegenwärtigen Herausforderungen oftmals noch unzureichend gerüstet: „Vielfach fehlt die Bereitschaft, in den Einkauf zu investieren und diesen zu entlasten.“ Diese Erfahrung teilt auch Allerstorfer: „Trotz überzeugender Amortisationszeiten wird E-Procurement oft auf Eis gelegt. Weil der Einkäufer sowieso da sei, IT- oder Projekt-Ressourcen fehlen oder man das vorhandene SAP als ausreichend ansieht.“ Dabei wird übersehen, dass gerade ERP-Systeme bei Katalogen an ihre Grenzen stoßen. „Ein beliebtes Argument sind auch spezifische, komplexe Kontierungs- und Genehmigungsprozesse, die wir in der Regel jedoch abbilden können. Wobei der Digitalisierungsschritt die Gelegenheit bietet, die eigenen Prozesse zu hinterfragen und zu optimieren.“


Spend-Analysen zeigen Potenzial auf

Gerade in familiengeführten Unternehmen seien Maßnahmen jedoch häufig von der persönlichen Meinung des Inhabers abhängig, wirft Theißen ein: „Als Fan des Mittelstandes schmerzt mich das sehr, wenn wichtige Handlungsfelder wie Warengruppen-, Lieferanten-, Risiko- und Nachhaltigkeitsmanagement unbeackert bleiben!“ Auch das Fehlen einer klaren Einkaufsstrategie erlebt er regelmäßig: „Hier kann der Einkauf überzeugende Zahlen nutzen, die die Ist-Situation vor Augen führen und ihn in der Argumentation der Geschäftsführung gegenüber unterstützen.“

Genau darauf hat sich der studierte Supply-Chain-Manager Samir Kharkan spezialisiert: „Nach erfolgreichen SCM-Projekten bei Metro AG und Erfahrungen in der Einkaufsberatung sowie beim Softwareunternehmen Orpheus GmbH habe ich das Potenzial von Daten im Mittelstand erkannt und vor rund vier Jahren Scalue mit Thomas Teichmann gegründet.“ Seither kämpft er für mehr Transparenz im Mittelstand. „Viele Unternehmen wissen nicht, wo und wie genau sie hunderte Millionen Euro im Jahr ausgeben. Genau das zeigt unsere Software sehr detailliert.“ Damit einhergeht das Einsparungspotenzial von Automatisierung, Konsolidierung usw. „Gerade bei der Maverick-Buying-Quote sind die meisten überrascht, dass die tatsächlichen Zahlen ihre schlimmsten Befürchtungen noch übertreffen.“ Trotz des aufgezeigten enormen Potenzials verblüfft der Einkauf immer wieder mit Untätigkeit. „Anders als der Sales steht der Einkauf nicht unter Zugzwang. Dabei hat er absolutes C-Level-Potenzial, wenn er diese Dinge umsetzt – und das so gut wie risikofrei.“


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Interessen durchsetzen

„Der Einkauf, der Unternehmensinteressen bei Lieferanten mit Vehemenz vertritt, muss intern dasselbe für sich selbst tun!“ Die aktuelle wirtschaftliche Situation stärke dabei den Rücken. „In den letzten Jahren waren es nicht selten die Einkäufer, die das Unternehmensergebnis gerettet haben – dieses Momentum gilt es jetzt zu nutzen!“ Dabei unterstützt TargetP! mit Coaching, der Erstellung von Business Cases und argumentativen Backups. „In der Folge geht es darum, dass der Einkauf definiert, welche Software er braucht und dabei federführend bleibt. Denn wenn die Kollegen aus der IT übernehmen, ist das Risiko hoch, dass die Lösung die Anforderungen nicht erfüllt.“ Eine Erfahrung, die auch Allerstorfer teilt: „IT-Abteilungen wehren sich gegen Best-of-Breed-Ansätze. Und so kommen Lösungen, ganz ungeachtet, ob das die optimale Lösung darstellt.“ Daher müsse sich der Einkauf als Manager und Betreiber der Lösung sehen, ergänzt Allerstorfer: „Er definiert die Plattform, die richtigen Lieferanten, Kataloge, Preise und natürlich die Prozesse. Die Nutzer sind die Anforderer, während der Einkauf sich um die Weiterentwicklung hinsichtlich weiterer Länder, Produktsegmente oder anderer Prozesse kümmert.“ Hier hakt Theißen ein: „Wenn der Einkauf ein System einführt, das allen hilft, verbessert das sein Standing im Unternehmen. Für den nächsten Schritt in seine neue Rolle als Innovationstreiber und Generator essenzieller Wettbewerbsvorteile.“


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